Pressekonferenz von Energieminister der Russischen Föderation Alexander Novak und Alexey Miller

Stenogramm der Pressekonferenz

Moderator: Wir beginnen die Pressekonferenz des Chefs der Gazprom Alexey Miller und des Energieministers Alexander Novak. Das Thema betrifft die Gaslieferungen in die Ukraine. Ich glaube, es wäre angebracht, ohne überflüssige und lange Einleitung gleich den Energieminister, Herrn Alexander Novak, zu bitten, sich zu diesem Thema zu äußern.

Alexey Miller, Alexander Novak und Sergey Kupriyanov während der Pressekonferenz zum Thema Gaslieferungen in die Ukraine
Alexey Miller, Alexander Novak und Sergey Kupriyanov während der Pressekonferenz zum Thema Gaslieferungen in die Ukraine

Während der Pressekonferenz

Alexander Novak, Energieminister der Russischen Föderation: Einen schönen Guten Tag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Der Vorstandsvorsitzende der Aktiengesellschaft Gazprom, Herr Alexey Miller, und ich waren soeben beim Vorsitzenden unserer Regierung. Es fand ein Arbeitstreffen mit einer detaillierten Darstellung der Situation hinsichtlich der Gaslieferungen in die Ukraine und der Gaslieferungen an europäische Verbraucher statt. Wir sind heute bereit, alle Ihre Fragen zu beantworten.

Zunächst möchte ich ein paar Worte zur aktuellen Situation sagen. Ich darf daran erinnern, dass die russische Seite auf die Probleme, die heute akut sind, vor langem hinwies. Sie wissen, dass der Präsident der Russischen Föderation, Vladimir Putin, sich bereits am 10. April an die führenden Repräsentanten der achtzehn europäischen Länder, Abnehmer von russischem Gas, das im Transitmodus über das Territorium der Ukraine geliefert wird, mit einem Appell wandte. Darin wurden ganz ehrlich jene Probleme verzeichnet, die sich auf dem Gasmarkt wegen der ausbleibenden Bezahlung der Gasschulden durch die Ukraine und wegen der Notwendigkeit, Gas in unterirdische Speicher zwecks Versorgung der europäischen Abnehmer im Winter einzuspeichern, ergeben konnten. In dieser Zeit – vom 2. Mai bis 15. Juni – fanden sieben Runden von dreiseitigen Konsultationen statt, und zwar auf der Ebene Russlands, der Europäischen Union und der Ukraine. Außerdem gab es körperschaftliche Verhandlungen auf der Ebene von Gazprom und Naftogaz of Ukraine.

Alexey Miller und Alexander Novak während der Pressekonferenz zum Thema Gaslieferungen in die Ukraine
Alexey Miller und Alexander Novak während der Pressekonferenz zum Thema Gaslieferungen in die Ukraine

Alexey Miller und Alexander Novak

Sie wissen, dass die letzten Verhandlungen buchstäblich in den letzten Tagen in Kiew stattfanden. Die russische Seite tat im Rahmen der durchgeführten Verhandlungen ganz gewiss alles Erforderliche und unternahm alle notwendigen Schritte, um einen Kompromiss zu erzielen, um Entscheidungen zu erzielen, die die Situation regeln würden. Sie wissen, dass die russische Seite der ukrainischen Seite überaus konstruktive Angebote machte. Das heißt, es war ein ganzes Paket von Angeboten, die aus unserer Sicht eine Kompromisslösung für die Regelung der aktuellen Situation bieten könnten. Diese Paketvereinbarung schloss unter anderem ein Preisangebot, einen Zeitplan für die Tilgung der Schulden für früher geliefertes Gas sowie Zahlungskonditionen für zukünftige Lieferungen ein.

Leider liegt nach der ganzen Periode der Konsultationen lediglich folgendes vor: Es sind faktisch nur Zahlungen für Februar und März als Restschulden in Höhe von 786 Millionen Dollar eigegangen. Die Verschuldung der Ukraine für das im April und Mai gelieferte Gas stieg um 2,2 Milliarden Dollar. Die Schulden für das im November und Dezember gelieferte Gas sind gleichfalls nicht bezahlt. Unser Angebot – die Paketvereinbarung, die wir anbot – wurde durch die ukrainische Seite vollständig abgelehnt.

Unseres Erachtens verhielt sich die ukrainische Seite seit Beginn der Verhandlungen nicht konstruktiv. Wir hatten faktisch keine Möglichkeit, Kompromisslösungen zu diskutieren. Die ukrainische Seite beharrte lediglich auf einer Haltung – das waren in keinerlei Weise begründete Gaspreise in Höhe von 268,5 Dollar je tausend Kubikmeter mit der Forderung nach einer Revision des geltenden Vertrags. Somit erzielten wir im Rahmen der durchgeführten Konsultationen keinen Kompromiss. Obwohl, ich sage es nochmals, die russische Seite ein maximal komfortables Paket von Vereinbarungen anbot, und zwar unter Berücksichtigung der Garantien der Regierung der Russischen Föderation hinsichtlich des Rabatts, der seitens der Russischen Föderation in Höhe von 100 Dollar angeboten wurde. Ich möchte feststellen, dass die EU-Kommission unser Angebot unterstützte. Sie zeigte sich unter anderem bereit, eine Kompromisslösung auf der Basis jener Angebote zu finden, die seitens der Russischen Föderation verkündet wurden. In diesem Zusammenhang konstatierten wir die Bereitschaft, Lösungen zu finden, die diese Situation regeln würden. Leider wies die ukrainische Seite, ich wiederhole es, alle unsere Angebote restlos zurück. Wir halten diese Vorgehensweise für absolut destruktiv. Unter Beachtung des unterschriebenen Vertrags, der seit 2009 gilt, und seiner Hauptbestimmungen, wurden seine Hauptregelungen wirksam, jene Punkte, auf die momentan zurückgegriffen wird. Gazprom faktisch entschied, ab heute in die Ukraine Gas in einer Menge zu liefern, die faktisch für die angeforderte Menge bezahlt wurde. Angesichts des Umstands, dass die ukrainische Seite für den Monat Juni ebenso wie für November und Dezember, für April und Mai keinen Kubikmeter Gas bezahlte, wird ab heute dementsprechend Gas allein an die europäischen Abnehmer geliefert. Ich bin gern bereit, Ihre zusätzlichen Fragen zu beantworten.

Frage: Dina Khrennikova, Nachrichtenagentur Platts. Herr Miller, Herr Novak, sagen Sie bitte, in welchen Mengen Gas im Transit in Richtung europäischer Verbraucher geliefert wird? Haben Sie auch einen Aktionsplan für den Fall, dass die Transitmengen, aus welchen Gründen auch immer, wegen des Vorgehens der ukrainischen Seite geringer sein sollten als von Ihnen geplant?

Alexey Miller: Gazprom führte um zehn Uhr früh für die NAK Naftogaz of Ukraine, für die Gaslieferungen in die Ukraine Vorauszahlungen ein. Bei Gazprom funktioniert nun ein Einsatzstab, der seine Sitzungen täglich abhalten wird. Unter anderem analysierten wir in unserem Einsatzstab sicherlich auch die Situation, die unsere Gaslieferungen an die europäischen Abnehmer betrifft. Wir werden an die Grenze zwischen Russland und der Ukraine genau so viel Gas liefern, wie unsere Partner in Europa anfordern. Momentan beträgt die angeforderte Menge mit Transit durch die Ukraine knapp mehr als 185 Millionen Kubikmeter. Was unser weiteres Vorgehen für den Fall anbetrifft, dass wir feststellen, dass Gas auf dem Territorium der Ukraine bleibt – wir können es als nichtsanktionierte Entnahme, wir können es mit irgendwelchen noch härteren Definitionen bezeichnen – so werden wir in diesem Fall die Lieferungen durch die Nord Stream Pipeline und durch die Jamal-Europa-Pipeline vergrößern. Wir werden die Einspeicherung in die Untergrundspeicher in Europa vergrößern. Und wir werden selbstverständlich fortfahren, die South Stream Pipeline zu bauen. Ich will betonen, dass der Bau momentan strikt nach Zeitplan läuft. Im Dezember 2015 kommen die ersten Gasmengen nach Bulgarien

Frage: Svetlana Savateyeva, Nachrichtenagentur Interfax. Herr Miller, Sie sagten, der Einsatzstab sei schon da. Sagen Sie bitte, gibt es schon irgendwelche operativen Auskünfte, ob der Gastransit in Richtung Velke Kapusany und in Richtung Rumänien womöglich leidet. Wenn Sie gestatten, gleich zwei weitere Fragen. Zuerst, irgendwann im Juni, wurde angeboten, Gazprom könnte Naftogaz einen Rabatt in Form von Exportzöllen wie auch in Form eines Rabatts seitens Gazprom selbst gewähren. Doch später wurde dieses Angebot zurückgenommen. Könnten Sie erklären warum? Und die dritte Frage. Prüfen Sie die Möglichkeit einer Klage gegen die Ukraine und einer Auspfändung ihres Vermögens?

Alexey Miller: Lassen Sie uns vom Ende beginnen. Was unser Vorgehen heute früh gleich nach der Einführung des Vorauszahlungs-Modus betrifft. Wir reichten umgehend beim Schiedsgericht in Stockholm eine Klage zur Einforderung der laufenden Verschuldung von 4,5 Milliarden Dollar von der NAK Naftogaz of Ukraine ein. Wir schließen nicht aus, dass später auch andere Klagen gegen die NAK Naftogaz of Ukraine folgen können.

Nun zum Thema Zollgebühr. Zum Mechanismus der Preisbildung. Im Verlauf aller Verhandlungen von Anfang an, im Verlauf der dreiseitigen Konsultationen kam es zu einer Verfälschung des Verhandlungsgegenstands. Ich will Sie darauf hinweisen, dass es die chronische Verschuldung der NAK Naftogaz of Ukraine für Gaslieferungen war, die den Verhandlungsgegenstand bildete und nach wie vor ein Problem bleibt. Die nicht bezahlte Menge Gas, die in die Ukraine geliefert wurde, macht bis dato 11,5 Milliarden Kubikmeter aus. Die russische Seite, Gazprom, indem sie an die EU-Kommission appellierte, appellierte im Rahmen unserer bilateralen Beziehungen an die NAK Naftogaz of Ukraine, an die zuständigen ukrainischen Ministerien, an die Regierung der Ukraine, die Frage der Verschuldung zu regeln und zu lösen. Widrigenfalls wird, gemäß geltendem Vertrag, der Modus der Vorauszahlungen eingeführt.

Gazprom hätte, wie Sie wissen, bereits vor längerer Zeit Vorauszahlungen einführen können. Gründe dazu hatten wir mehr als genug. Doch wir kamen unseren ukrainischen Kollegen entgegen und führten keine Vorauszahlungen ein. Wir kamen der EU-Kommission entgegen, die behauptete, wir würden ganz sicher morgen und dann nochmals morgen und wieder morgen das Geld bekommen. Die Ukraine werde einen solchen Beistand, einen solchen Beistand von da, von dort und außerdem noch von da erhalten. Und nun werde das Geld demnächst kommen und die Schulden würden getilgt. Wir stellten fest, dass diese Situation nicht endlos anhalten konnte.

Doch im Verlaufe der Verhandlungen kam es schlichtweg zu einer Verfälschung bzw. zu einem Versuch der Verfälschung des Verhandlungsgegenstands, und zwar unter anderem seitens unserer ukrainischen Kollegen. Sie schoben das alles auf die Ebene der Preise ab. Faktisch reduzierte sich die ganze Logik der Verhandlungen, die sie uns, unter anderem auch in den Medien, aufzudrängen versuchten und versuchen, auf folgendes: Wir sollten ihnen einen superniedrigen Preis gewähren, und zwar auf dem Niveau der Preise, zu denen wir Gas an die Länder der Zollunion liefern. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb wir ihnen solche Preise gewähren sollten? Wenn wir ihnen diese Preise aber nicht bieten würden, würden sie keine Schulden tilgen. Sie würden von uns Gas ohne Bezahlung holen. Sie würden Gas in solchen Mengen entnehmen, die sie selbst festlegen würden.

Doch damit nicht genug. Die russische Seite sagt: Gut, wir sind bereit, euch entgegenzukommen und den Preis zu senken. Überlegen Sie sich nun, was die ukrainische Partei erwidert: Nein, ihr habt kein Recht, für uns den Preis durch Regelung der Exportzölle zu senken. Ihr seid dazu nicht berechtigt. Und wir sind strikt dagegen, dass die Regierung der Russischen Föderation diese oder jene Entscheidungen zur Senkung der Exportzölle trifft. Aber entschuldigen Sie mal, das ist ein souveränes Recht der russischen Föderation, der Regierung der Russischen Föderation, solche Zollgebühren festzulegen, die sie für möglich hält. Bei uns gelten in Bezug auf die Ukraine entsprechende Regelungen. Diese Exportzölle können Präferenzzölle sein. Es kann sich aber auch um Schutzzölle handeln. Über die Preisgestaltung, wie der Preis sein soll und sein wird, entscheidet in der Endkonsequenz die Regierung der Russischen Föderation, und zwar eben über den Mechanismus der Exportzölle.

Im Verlaufe der Verhandlungen, der zahlreichen Konsultationen analysierten wir ganz gewiss mit der Leitung der NAK Naftogaz of Ukraine – und da möchte ich mich bei meinem Kollegen, Herrn Kobolev, für den sehr konstruktiven Dialog im Verlaufe dieser Konsultationen, einen sehr professionellen, gegenständlichen Dialog bedanken – die Mengen des Gasverbrauchs in verschiedenen Sektoren der ukrainischen Wirtschaft. Wir besprachen jene Probleme, die sich heute in der ukrainischen Wirtschaft, darunter auch im Gasverbrauch, ergeben. Es häuften sich dort recht viele Probleme an. Selbstverständlich verhandelten wir auch, sagen wir es so, den rein kommerziellem Aspekt des Zusammenhangs zwischen Liefermengen und Preisaspekten.

Aber worin liegt das Problem? Das heutige Problem der Ukraine? Und weshalb blieb eben diese Frage – eine rein kommerzielle Frage – lediglich als Teil der Diskussion, als Teil der Verhandlungen zurück? Die ukrainische Seite, die NAK Naftogaz of Ukraine kann heute keine Verbrauchsmengen garantieren. Sie können weder die bestehende Menge von 41,6 Milliarden Kubikmetern als Mindestjahresmenge laut Vertrag noch die 34 Milliarden Kubikmeter garantieren. Sie können gar nichts garantieren. Keinerlei Mengen.

Die russische Seite tat im Endergebnis im Verlaufe der Verhandlungen einen weiteren wichtigen Schritt entgegen (wobei es unsere Initiative war, die ukrainische Seite sprach das gar nicht an, das war schlicht und einfach unser guter Wille). Wir sagten: Jawohl, laut geltendem Vertrag und der „Take-or-Pay“-Klausel müsst ihr für die ausgebliebene Gasentnahme 2012–2013 beachtliche Strafen zahlen. Doch wir sind bereit, nicht bloß die vertraglichen Jahresmindestmengen zu reduzieren, wir sagten: Vermerkt bitte im Vertrag für 2014 jene Mengen, die ihr selbst als für euch komfortabel betrachtet. Komfortabel bei einem Preis von 385 Dollar je tausend Kubikmeter. Ich glaube, Sie verstehen es, das ist ein sehr ernster Schritt entgegen, damit unsere ukrainischen Partner sich komfortabel fühlen und begreifen konnten, dass sie für unvollständige Gasentnahme 2014 keinerlei Strafen würden zahlen müssen.

Frage: Gibt es, nach operativen Angaben, bereits jetzt irgendwelche Probleme mit dem Transit in Richtung Rumänien?

Alexey Miller: Nein. Es sind ja bis jetzt buchstäblich erst fünf Stunden verstrichen. Am Endpunkt kann es von der Natur der Sache her noch keine Probleme geben. Wir werden die Mengen am Endpunkt im Tagesmodus fixieren. Obwohl wir sicherlich wesentlich operativer die Situation an diesen oder jenen Gasmessstationen erfassen werden, aber jetzt kann ich sagen, dass bis jetzt physisch noch nichts passieren konnte, was Beachtung verdienen würde. Und was als nichtsanktionierte Entnahme fixiert werden könnte.

Frage: Irina Kezik, Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Meine Frage richtet sich an Herrn Novak. Sehe ich es richtig, dass der Dialog mit der EU-Kommission nicht abgeschlossen ist? Wann soll das nächste Treffen stattfinden, was soll diskutiert werden? Sehr interessant ist auch das Thema OPAL, weil Herr Miller sagte, es wäre möglich, die Lieferungen über den Nord Stream zu vergrößern. Das Problem OPAL ist jedoch immer noch nicht geregelt. Wie soll es denn doch gelöst werden?

Alexander Novak: Wir vertraten im Verlaufe weiterer Verhandlungen von Anfang an den Standpunkt, wir wären zur Fortsetzung der Verhandlungen bereit, falls die Rechnungen für geliefertes Gas bezahlt würden. Das war faktisch eine der Bedingungen aller unserer Konsultationen. Leider wurde diese Bedingung nur teilweise erfüllt. Überwiesen wurde das Geld für die Gaslieferung zur Abdeckung der Restschulden für Februar und März. Jetzt können wir, falls der Schuldenbetrag von 4,5 Milliarden Dollar, von dem soeben Herr Miller sprach, bezahlt wird, zu Konsultationen zurückkehren, darunter auch hinsichtlich weiterer Lieferungen. Mit Blick auf die Vorauszahlungen und mit Blick auf die Rabatte. Das heißt, unsere Angebote bleiben bestehen.

Es ist etwas anderes, dass im Moment, da ja unsere Angebote durch die ukrainische Seite aus absolut nichtigen Gründen zurückgewiesen wurden, der bestehende Vertrag gilt. Gemäß diesem Vertrag wird der Preis durch eine Formel definiert. Dieser Vertrag gilt noch fünf Jahre. Die ukrainische Seite hat die Möglichkeit, diesen Vertrag auf zivilisierte Art und Weise anzufechten. Sie wissen, es sind dies zwei Optionen: entweder direkte Verhandlungen mit Gazprom oder, soweit kein Einvernehmen erzielt wird, schlicht und einfach eine Entscheidung über das Schiedsgericht. Die ukrainische Seite wird mit aller Wahrscheinlichkeit ebenfalls das Schiedsgericht anrufen. Das sind also, wie wir es sehen, langwierige Prozeduren. Auch sind die Forderungen, die heute bei Gazprom gegenüber der ukrainischen Seite akkumuliert sind, in wesentlich stärkerem Maße begründet und im Preisausdruck gewichtiger als die Vorwürfe, die die ukrainische Seite hat.

Was die Beziehungen, die Fortsetzung der Verhandlungen mit Herrn Oettinger betrifft, so halten wir den Kontakt per Telefon aufrecht. Im Moment besteht angesichts der destruktiven Haltung der ukrainischen Partei keine Notwendigkeit, Konsultationen durchzuführen. Insgesamt sind wir aber, wie wir eingangs auch feststellten, für einen Dialog in Fortsetzung der direkten Verhandlungen und auch für die Fortsetzung der Konsultationen offen, jedoch, wiederum, unter der Voraussetzung der Bezahlung der Schulden. Zu OPAL wird sich, glaube ich, Herr Miller äußern.

Alexey Miller: Zur Fortsetzung der Konsultationen in dreiseitigem Format, wie sie im Verlaufe der letzten Wochen abgehalten wurden. Der Gegenstand dieser Konsultationen existiert nicht mehr. Gegenstand der Konsultationen war der Verzicht auf Vorauszahlungen und Tilgung der akkumulierten Schulden durch die ukrainische Seite. Die ukrainische Seite tilgte die Schulden nicht. Der Modus der Vorauszahlungen ist aktiviert. Wenn also von jenen Schritten die Rede ist, mit denen wir der ukrainischen Seite entgegenkamen, sollte auch beachtet werden, dass die Bedingung für den Verzicht auf Vorauszahlungen eine geringere Summe war als die Summe der Schulden für November und Dezember, April und Mai. Wir baten unsere ukrainischen Kollegen, die November- und Dezemberlieferungen zu bezahlen. Diese Schulden werden von absolut allen anerkannt. Was nun den April und den Mai anbetrifft, so sagten wir, damit es hierzu keinen Streit gibt: Zahlt 500 Millionen und wir werden den Preis, zu dem alle diese Zahlungen geleistet wurden, nicht fixieren. Das sind mehr als günstige Konditionen. Aber das wurde nicht geschehen.

Was ist die Ursache, weshalb kam es so? Wir können uns zu diesem Thema auch äußern. Erstens ist es allem Anschein nach der Umstand, dass die Ukraine bankrott ist. Das trifft zu – die Wirtschaft befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Unter anderem wirkt sich dies direkt auf die Gasbranche aus, das betrifft die Zahlungskraft der Verbraucher, die ausgesprochen niedrige Zahlungskraft und die niedrige Disziplin der Zahlungen für Gas, die von Monat zu Monat immer schlechter wird. Die Mechanismen der staatlichen und wirtschaftlichen Verwaltung sind zerstört. Die Ukraine betreibt überhaupt Selbstzerstörung. Das ist sicherlich die Grundlage dessen, was geschah. Aber es gibt auch eine weitere Ursache. Das ist etwas, was der Energieminister, Herr Novak, und ich im Verlaufe der Konsultationen fixierten, das ist unsere gemeinsame Auffassung, dass die ukrainische Seite am Ende überhaupt nicht bestrebt war, dieses Problem zu lösen. Im Verlaufe dieser ganzen Zeit der Konsultationen, im Verlaufe all dieser Treffen tat die ukrainische Seite keinen einzigen Schritt uns entgegen. Sie legte kein einziges Kompromissangebot vor. Wir sehen also ganz klar, dass es ihr gerade darauf ankam, unsere Beziehungen im Gasbereich in einen akuten Status zu treiben. Bis hin zu akuter Konfrontation. Dabei schlägt sie, wie vorher geschildert, Modelle der Regelung durch die ukrainische Seite aufgeworfener Fragen in Form offener Erpressung vor. Ich weiß nicht, wer ihnen diese Vorgehensweise beibrachte. Ich weiß nicht, was das für Lehrer war. Der Minister und ich erkennen ganz klar, dass die ukrainische Seite erwirkte, was sie anstrebte.

Was nun die OPAL angeht, so sprachen wir dieses Thema gegenüber der EU-Kommission an. Die Frage stellt sich jetzt wie folgt: Falls wir Probleme mit dem Transit durch das Territorium der Ukraine feststellen sollten, werden wir die Frage nach der ОPAL aufwerfen, und sie wird gelöst werden.

Frage: Маria Zuyeva, RAPSI. Meine Frage richtet sich an Herrn Miller. Sie sprachen vorhin davon, dass irgendwelche weiteren Klagen gegen Naftogaz beim Stockholmer Schiedsgericht möglich sind. Kann es möglich sein, dass Gazprom irgendwelche weiteren Gerichte mit Klagen anruft?

Alexey Miller: Nein, wir sprechen heute allein vom Schiedsgericht in Stockholm. Das ist das Schiedsgericht, das unser Vertrag vorsieht.

Frage: Mikhail Serov, Zeitung Vedomosti. Herr Miller, Sie erwähnten Strafen. Wie bestellte es um die Strafen für 2012–2013, für fehlende Entnahme? Werden Sie sich ans Gericht wenden, um dieses Geld einzufordern? Und dann noch eine Frage zum weiteren Transit. Sie begrenzen momentan die Lieferung. Also wird die Einspeicherung eingeschränkt. Dort gibt es momentan nicht viel Gas. Was kommt weiter? Kann das Transit-Problem zum Gegenstand weiterer Verhandlungen werden, und zwar näher an den Winter?

Alexey Miller: Sie sagten, es sei nicht viel Gas da. Einerseits reicht dieses Gas gewiss nicht aus, um den Winter zu überstehen. Nach unseren Schätzungen müssen in die Untergrundspeicher der Ukraine etwa 18,5 Milliarden Kubikmeter eingepumpt werden, dies ist das Mindestvolumen, mit dem sich die Ukraine in der Herbst- und Winterperiode mehr oder weniger sicher fühlen kann. Aber, entschuldigen Sie, in den Monaten seit Jahresbeginn leitete die Ukraine in ihre Untergrundspeicher kostenlos einfach astronomische Mengen an russischem Gas ein. Die aktive eingespeicherte Menge Gas macht momentan mehr als 12 Milliarden Kubikmeter aus. An unserem nicht bezahlten Gas sind es 11,5 Milliarden. Sie hatten dort noch Restbestände vom vorherigen Winter. Wir lieferten an sie so viel Gas, wie sie wünschten, richtig reichlich. Das ist eigentlich unser Beitrag zur Energiesicherheit, es soll keine Probleme geben. Es soll noch jemand sagen, was sie taten, um im bevorstehenden Winter keine Probleme aufkommen zu lassen. Sie sagen, es sei wenig. Unser Gas wurde in riesigen Mengen eingespeichert. Kostenlos, unentgeltlich, also umsonst.

Nun zu den Strafen. Den Strafen für 2012–2013. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass wir wegen dieser Strafen auch schon gestern, und vorgestern, und vor einem Monat, und vor einem halben Jahr und so weiter hätten klagen können, aber wir taten es nicht. Jetzt aber werden wir sehen. Vorerst klagten wir auf Einforderung der Schulden. Denken Sie sich in diese Zahl hinein: 4,5 Milliarden Dollar Schulden! Und sie haben nicht vor, die zu zahlen. Sie haben es nicht vor. Und sie hatten es nie vor. Frage: Was sind denn ihre Ziele? Und was wollen sie erwirken?

Frage: Roman Zymbalyuk, ukrainische Agentur UNIAN. Herr Miller, bitte präzisieren Sie es, Sie äußerte heute mehrmals, es würde neue Klagen in Stockholm geben. Was ist der Gegenstand dieser Klagen?

Alexey Miller: Ich bitte um Entschuldigung, aber ich sagte nicht, es würde neue Klagen geben. Ich sagte, dass ich es nicht ausschließe.

Frage: Diese Schulden – die 4,5 Milliarden. Angenommen, die Ukraine überweist morgen einen Betrag an Sie, wird dieses Geld als Schuldentilgung angerechnet oder doch als Vorauszahlung verbucht? Und die 4,5 Milliarden werden ausgeklammert. Und noch eine Frage. Ende vergangenen Jahres ergab sich der Betrag von 268 Dollar für die Ukraine auf Beschluss des Präsidenten Russlands, der gesagt hatte, die Ukraine sei ein Brudervolk, ihre Wirtschaft befinde sich in einer sehr schwierigen Situation, deswegen würden wir einseitig den Preis senken. Nun fragt sich: Was änderte sich denn? Die Wirtschaft ist nach wie vor in schwieriger Situation. Und das Brudervolk zog auch nicht um.

Alexey Miller: Ich glaube, vorherige Antworten enthielten auch die Antwort auf Ihre Frage. Die ukrainische Seite ersucht um Preise, ich darf Sie darauf hinweisen, die nahe an den Preisen in der Zollunion liegen. Es ist unbegreiflich, warum die ukrainische Seite heute, in der laufenden Zeitperiode, die Frage nach solchen Preisen stellt. Was ist der Grund für die ukrainische Seite; solche Fragen aufzuwerfen? Die Ukraine soll die Schulden begleichen. Der Algorithmus der Regelung der Situation bleibt im Moment unverändert. Die Schulden sollen beglichen werden. Und zwar in der Summe, die wir nannten. Diesen Betrag änderten wir per heutiges Datum nicht. Aber für weitere Lieferungen, wie ich Sie informieren darf, müssen die Juni-Rechnungen als Vorkasse ebenfalls bezahlt werden.

Frage: TV-Kanal Russia Today. Ich habe folgende Frage: Herr Yatsenyuk spricht Reverse-Lieferungen von Gas an. Was wird Gazprom in diesem Fall unternehmen? Und noch etwas, inwieweit ist Gas-Reverse aus der EU möglich?

Alexey Miller: Wie Sie wissen, fand gestern ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten der Ukraine, Herrn Yatsenyuk, statt. Wie Sie wissen, ist der Ministerpräsident allem Anschein nach einer der Autoren jener Haltung gegenüber unseren Beziehungen in der Gassphäre, wie wir sie jetzt beobachten. Ich muss sagen, dass es gestern bei diesem Treffen sehr viele Klischees, Parolen und Schätzungen gab. Ich will diese Schätzungen nicht bewerten. Wenn aber immer wieder ein „Gaskrieg“ heraufbeschworen wird, spricht dies für die Stimmung.

Nun zu dem Reverse, dem so genannten Kreisreverse, dem so genannten halbbetrügerischen Reverse. Keine europäischen Lieferanten können den ukrainischen Verbrauchern physische Reverse-Lieferungen von Gas in die Ukraine sichern. Alles, was wir im Moment als Reverse fixieren, zunächst einmal fixieren, verfolgen wir aufmerksam, wir verfolgen es sehr aufmerksam. Die Ukraine geht mit russischem Gas in ihrem Rohr wie mit ihrem eigenen um. Sie hat keine solchen Rechte. Russisches Gas wechselt im ukrainischen Rohr keineswegs seinen Eigentümer. Die Abgabepunkte für russisches Gas liegen außerhalb des Territoriums der Ukraine. Ist die Ukraine berechtigt, mit unserem Gas auf ihrem Territorium wie mit ihrem eigenen umzugehen? Das ist eine Frage. Fragt uns jemand danach? Führt jemand mit uns Konsultationen zu diesem Thema durch? Oder ersinnt und plant Herr Yatsenyuk solcherart Modelle? Sie hätten auch die Gaseigentümer fragen können, das hätte nicht geschadet.

Frage: Stas Natanson, TV-Kanal Russia 24. Herr Miller, es ist eine Frage an Sie. Wiederum in Fortsetzung des Themas der Reverse-Lieferungen. Sie sagen, Sie verfolgten die Situation. Werden Sie zu irgendwelchen rechtlichen Schritten greifen? Halten Sie solche Reverse-Lieferungen, falls sie physisch, wie Sie sagen, nicht realisierbar sind, für eine verdeckte Form von Gas-Diebstahl? Und eine Frage an Herrn Novak. Am Anfang, noch vor einigen Monaten sagte die russische Regierung, sie würde möglicherweise die Rückzahlung jener Subventionen verlangen, die in Form eines Rabatts von 100 Dollar laut Vertrag von Charkow, Abkommen von Charkow gewährt wurden. Da wurde sogar eine Zahl von 11 Milliarden Dollar genannt, die die russische Regierung doch von der Ukraine zurückfordern wolle, da der Gegenstand dieses Rabatts nicht mehr existiere. Werden Sie diese 11 Milliarden Dollar von der ukrainischen Regierung, von der ukrainischen Seite zurückverlangen?

Alexey Miller: Zum Reverse. Wir fixieren selbstverständlich die Situation mit den Reverse-Lieferungen. Wissen Sie, am interessantesten ist es, dass wir im Verlaufe buchstäblich einiger letzten Tage eine sehr interessante Dynamik beobachteten. Gemäß jüngsten Daten einer Gasmessstation sind die Reverse-Lieferungen gleich null, nach Angaben einer anderen Messstation sind die Reverse-Lieferungen zurückgegangen. Wir werden weiter beobachten. Und wir wollen begreifen, was es bedeutet. Möglicherweise ist es eine positive Dynamik.

Was aber die russische Seite unternehmen wird, formulierte bereits der Präsident der Russischen Föderation, Vladimir Putin. Einschränkungen werden eingeführt. Einschränkungen für Lieferungen durch die Ukraine, durch jene Gasmessstationen, wo derartige Vorgänge fixiert werden. Beim Kreisreverse werden die Röhren an der Grenze zu einem Kreis geschlossen, und russisches Gas wird im Kreis herumgetrieben. Ein Zähler zeigt, dass Gas auf das Territorium der Europäischen Union wegfließt, ein anderer Zähler weist aus, dass dasselbe Gas auf das Territorium der Ukraine kommt. Doch gelangt dieses Gas physisch zu keinen Abnehmern, ob in Kiew, ob in Charkow, in Donezk, in Lugansk oder Odessa. Physisch bleibt aber das ankommende Gas unser russisches Gas. Es stellt sich einmal mehr die Frage: Was habt ihr für ein Recht, über unser Gas in eurem Rohr zu verfügen? Es gehört ja uns. Es ist ein ukrainisches Rohr, aber unser Gas.

Alexander Novak: Was den Rabatt von hundert Dollar angeht, so geht es um die Vereinbarungen von Charkow vom April 2010. Ich meine, jene Gesamtsumme, die in dieser Zeitspanne als Rabatt gewährt wurde, beträgt 11,4 Milliarden Dollar. Wir sprachen im Rahmen der Konsultation keine Rückerstattung dieser Summe an. Wir meinen, die Zeit werde je nach Entwicklung der Situation zeigen, inwieweit dies notwendig sein wird; dann können auch entsprechende diesbezügliche Entscheidungen getroffen werden.

Was nun die Angebote der russischen Seite während der Konsultationen angeht. Ich darf daran erinnern, dass der 100-Dollar-Rabatt vorher aus den Pachtkosten für die Schwarzmeerflotte gewährt wurde. Jetzt bot die russische Seite wesentlich günstigere und komfortablere Konditionen an, denn es war kein Rabatt im Austausch gegen irgendwelche anderen Kosten, die die Russische Föderation früher tragen musste. Es war ein Angebot für einen Rabatt schlechthin im Rahmen einer Senkung des Exportzolls. Dies ist eben der Beitrag, den die Russische Föderation hätte leisten können, darunter auch zur Wirtschaft der Ukraine, zur Aufrechterhaltung der Kooperationsverbindungen zwischen unseren Unternehmen.

Übrigens möchte ich Sie darauf hinweisen, dass das Ziel der Konsultationen, wie Herr Miller zu Recht anmerkte, nicht nur (und sogar nicht sosehr) die Frage des Preises, sondern die Frage der Tilgung der Schulden und der Zahlungsfähigkeit der Ukraine war. Leider muss ich feststellen, dass dieses Thema im Rahmen der Konsultation so gut wie nicht besprochen wurde. Einmal wurden der russischen Seite Berichte von Mitgliedern der EU-Kommission vorgelegt, die die Summen der Hilfe betrafen, die der ukrainischen Seite aus Mitteln internationaler Kreditorganisationen oder als Direkthilfe von EU-Mitgliedsstaaten gewährt werden soll. Diese Summen halten aus unserer Sicht ganz gewiss keiner Kritik stand. Es handelte sich um einen IWF-Kredit in Höhe von 17 Milliarden Dollar; am 3. Mai erhielt die Ukraine 3,2 Milliarden Dollar, von denen zur Tilgung der Schulden gar nichts verwendet wurde. Kein Dollar im Verlaufe von drei Wochen. Zusätzlich wurden wir informiert, dass der Ukraine Hilfe in Höhe von rund zwei Milliarden Dollar gewährt werden soll. Insgesamt handelt es sich jedoch um irgendwelche geringfügigen Anleihen, die zurückgezahlt werden müssen. Und ganz sicher kann da keine Rede davon sein, dass in der Tat irgendeine Hilfe gewährt wird oder geplant ist, um der ukrainischen Seite zur Verbesserung ihrer Zahlungsfähigkeit zu verhelfen.

Die aktuelle Situation ist aus unserer Sicht unter anderem auch durch diese Faktoren bedingt, dadurch, dass die Ukraine höchstwahrscheinlich von Anfang an, gleich nach der Aufnahme der Konsultationen, gar nicht beabsichtigte, in irgendwelche Angebote, in eine Kompromisslösung einzuwilligen, weil sie begriff, dass Finanzierungsquellen für Gaslieferungen höchstwahrscheinlich nicht verfügbar waren. Andere Arten von Hilfe in Form von nichtrückzahlbaren Darlehen sollten nicht erwartet werden, da wir keine solchen Angebote und keine solchen Angaben erhielten. Das ist ein sehr ernstes und wichtiges Moment. Wir regten im Rahmen der Konsultationen diese Frage mehrfach an, um nicht allein Fragen der Schuldentilgung zu diskutieren. Ich darf übrigens daran erinnern, dass unserer Delegation ein Stellvertreter des Finanzministers, ein Stellvertreter des Wirtschaftsministers und ein Stellvertreter des Außenministers angehörten. Wir hatten also eine repräsentative Delegation, gebildet mit dem Ziel, unter anderem auch Fragen zu diskutieren, die die wirtschaftliche Situation der Ukraine und Hilfeleistung für die Ukraine betreffen. Die Angebote, die seitens der Russischen Föderation als Paketangebote verlautbart wurden, hatten unsererseits eben diesen Charakter. Unter anderem betrafen sie auch die Möglichkeiten, der Ukraine Beistand und Unterstützung zu gewähren. Leider wurden wir nicht erhört. Ich will es wiederholen – mit aller Wahrscheinlichkeit plante die ukrainische Seite es von Anfang an auch so.

Frage: Natalia Vasilyeva, Nachrichtenagentur Associated Press. Heute früh erklärte die EU-Kommission, am Ende der Verhandlungen sei, ihren Worten zufolge, ein Kompromissangebot unterbreitet worden, wonach die Ukraine unverzüglich eine Milliarde Dollar bezahlen und die Verhandlungen fortgesetzt würden. Erstens – wurde ein derartiges Angebot tatsächlich formuliert? Zweitens – weshalb wurde es abgelehnt? Laut EU-Kommission stimmte die Ukraine zu, Russland aber nicht.

Alexey Miller: Klar. Was nun die Konditionen russischerseits anbetrifft. Sie wurden Ende vergangener Woche bekannt gegeben. Die russische Seite sagte Ende vergangener Woche, dass sich diese Konditionen nicht ändern werden. Der Termin der Umstellung auf Vorkasse wird sich auch nicht ändern. Auch wurde gesagt, dass es bis zum 16. Juni keine Treffen und Verhandlungen mehr geben wird. Doch die russische Seite kam entgegen. Wir führten noch eine ganze Serie zweiseitiger und dreiseitiger Treffen und Konsultationen durch, darunter auch am Samstag und am Sonntag in Kiew. Wir begriffen, dass wir die Chance nicht vertun sollten, dass die ukrainische Seite die Schulden für November und Dezember tilgen und Fortschritte bei den Zahlungen für April und Mai demonstrieren würde. Eigentlich gesagt, hatten wir zu eben diesem Zweck jenen Verhandlungen, jenen Treffen zugestimmt, die in den letzten Tagen stattfanden. Gestern wurden irgendwelche neuen Konditionen genannt. Doch die Haltung der russischen Seite war ja bereits im Verlaufe von über einen Monat lang dauernden Konsultationen erarbeitet worden. Sie war erklärt worden. Ich unterstreiche es einmal mehr – es wurde gesagt, dass dies unsere letzte Auffassung war, der letzte Zeitrahmen für die Einführung des Vorkassen-Modus.

Ich bitte um Entschuldigung, ich will noch etwas hinzufügen. Sie wissen, Herr Novak und ich werteten die Resultate unserer Konsultationen aus. Die dreiseitigen Konsultationen zielten darauf, das Thema der Verschuldung zu regeln und vom Vorkassen-Modus abzurücken. Also, in der Zeit der Konsultationen vergrößerte sich die Verschuldung um mehr als 2 Milliarden Dollar – es sind, glaube ich, 2,2 Milliarden Dollar. Das ist also das Resultat unserer Konsultationen. Uns wird angeboten, wir sollten unsere Forderungen noch stärker reduzieren, aber die Verschuldung würde sich in allernächster Zeit noch mehr vergrößern. In Mengenkennziffern ist dies selbstverständlich gleichfalls der Fall – in der fraglichen Zeitspanne wurden mehr als 5 Milliarden Kubikmeter Gas unbezahlt geliefert. Summarisch waren es bis dato 11,5 Milliarden Kubikmeter. Überlegen Sie. Das ist einfach eine astronomische Menge an unbezahltem Gas, das die Ukraine verbraucht und in die Untergrundspeicher einpumpte.

Frage: Elena Mazneva, Nachrichtenagentur Bloomberg. Herr Miller, und doch eine technische Frage zur Vorkasse. Es gab eine Option mit „entweder – oder“. Entweder bezahlt die Ukraine einen gewissen Teil ihrer Schulden vor der Deadline, und dann kann Russland vom Vorkassen-Modus absehen.

Alexey Miller: Wie bitte? „Deadline“? Was für eine Sprache sprechen Sie denn?

Frage: Der letzte Tag, an dem Gazprom das Geld aus der Ukraine erwartete. Der letzte Tag war der 16. Juni. Wie wir es alle begriffen, gab es ein „entweder – oder“. Entweder die Ukraine würde einen gewissen Betrag überweisen, und Russland, Gazprom würde von Vorauszahlungen absehen, oder die Ukraine würde im Voraus bezahlen. Kann die Ukraine jetzt im Voraus bezahlen?

Alexey Miller: Nein, es ging um die Tilgung der Schulden. Und jetzt geht es auch um die Tilgung der Schulden und um Vorauszahlungen ebenfalls. Die Situation für die Ukraine verschlechterte sich also, wie Sie begreifen. Das heißt, die drängten sich in diese Situation selbst hinein.

Frage: Sie können also jetzt im Laufe des Monats keine Juni-Lieferungen bezahlen? Solange die Schulden nicht beglichen sind, werden von ihnen keine Vorauszahlungen angenommen?

Alexey Miller: Wissen Sie, der Vertrag sieht in Wirklichkeit nicht nur Vorauszahlungen vor, sondern auch Lieferstopp für nichtbezahlte Gasmengen.

Frage: Also wird es keine Lieferungen geben?

Alexey Miller: Die Ukraine soll die Schulden begleichen. Und für die Ukraine wurden Vorauszahlungen eingeführt. Alle weiteren Mengen, die in die Ukraine geliefert werden, müssen vorher bezahlt sein.

Frage: Also – Schulden und Anzahlung?

Alexey Miller: Schulden und... Wieso Anzahlung? Bezahlt – bezogen, bezahlt – bezogen.

Frage: Wenn also die Ukraine morgen, nehmen wir an, 500 Millionen Dollar überweist, liefern Sie Gas für 500 Millionen Dollar?

Alexey Miller: Ich bitte um Entschuldigung, aber Geld wird gegen konkrete Rechnungen überwiesen.

Frage: Also verpasste die Ukraine ihre Chancen für den Juni bereits? Wir versuchen die Technik zu begreifen.

Alexey Miller: Ich sage es nochmals, die müssen die Schulden begleichen. Der erste Schritt ist die Tilgung der Schulden durch die Ukraine. Wenn die Ukraine oder jemand glaubt, die Schulden wären Vergangenheit, und nun würden sie einfach im Voraus bezahlen, dann ist das falsch. War das die Frage? Die Schulden müssen beglichen werden. Es ist keineswegs der Fall, dass die 4,5 Milliarden Dollar Vergangenheit sind und keiner weiß, wann wir sie bekommen, die aber würden jetzt im Voraus zahlen und Gas beziehen. Nein, die Schulden müssen beglichen werden. Jedoch reden wir wiederum nicht von Schulden in vollem Umfang, wir reden von den Schulden, die genannt wurden – von 1 Milliarde 951 Millionen Dollar.

Frage: Die Rechnung für den Juli kommt aber auch schon bald?

Alexey Miller: Ja.

Frage: Die können sie aber ohne Schuldentilgung bezahlen? Das ist für uns wichtig, denn wir sahen Ihren Vertrag ja nicht. Wir sahen irgendwelche Dokumente, die im Internet 2009 herumhingen. Wir wollen die Technik begreifen.

Alexey Miller: Die Technik ist sehr einfach, selbst ohne Konkretisierung der Schulden und ohne Konkretisierung des Monats Juli. Die Technik ist sehr einfach. Es gibt den Modus der Vorkasse, es gibt den Modus der Einschränkung der Lieferungen wegen unbezahlter und nicht getilgter Schulden, wegen nicht bezahlter Mengen. Deswegen richten sich die Limitierungen der Mengen nach dem nicht abgedeckten und nicht bezahlten Volumen gemäß Vertrag.

Frage: Also heißt es, dass die Ukraine weder im Juli noch im August, noch im September Gas erhalten wird, solange sie die Schulden nicht bezahlte.

Alexey Miller: Die Ukraine muss zahlen...

Alexander Novak: 1,951 bezahlt und weiter...

Frage: Ich sage ja auch – solange die 1,951 nicht bezahlt sind, helfen der Ukraine keine Anzahlungen. Weder im Juli noch im August.

Alexey Miller: Der Ukraine hilft die Bezahlung der Schulden. Die Schulden müssen bezahlt werden. Bezahlt eure Schulden!

Frage: Denis Pinchyuk, Nachrichtenagentur REUTERS. Ich habe zwei Fragen, und zwar an Herrn Miller und an Herrn Novak. Erstens, jetzt werden ins ukrainische Rohr Mengen im Umfang des europäischen Verbrauchs eingepumpt. Wie lange kann diese Situation aus Ihrer Sicht anhalten? Ist das eine Frage von Wochen, von Monaten? Können wir mit solchen Mengen in den Winter hineingehen? Und eine zweite Frage: Sollte ein Teil dieser Mengen doch in der Ukraine zurückbleiben, sind Sie dann in der Lage, diese Verluste durch Jamal – Europa und Nord Stream abzudecken? Oder wird es in vollem Umfang nicht gelingen?

Alexey Miller: Was Jamal – Europa, Nord Stream und das Gas in den Untergrundspeichern auf dem Territorium der Europäischen Union angeht, das eingepumpt wird, so lassen sich diese Verluste, falls sich Probleme mit dem Transit durch die Ukraine ergeben sollten, mit diesen Mengen vollständig, zu 100 Prozent ganz gewiss nicht wettmachen. Wie lange diese Situation anhalten wird? Lassen Sie uns schauen, was überhaupt passiert. Probleme sollten doch in der Abfolge ihrer Entstehung angegangen werden. Wenn von der Herbst- und Winterperiode die Rede ist, so kann die Ukraine ohne russisches Gas sicherlich nicht auskommen. Und, was das Wichtigste ist, wir begreifen, dass jetzt Sommer ist, und es ist jetzt Gott sei Dank Sommer, und dass es für die Ukraine notwendig ist, in ihre Untergrundspeicher die erforderlichen Gasmengen einzuleiten. Mit dem Modus der Vorauszahlungen besteht das Problem der Ukraine, das Problem, das wir sehen, das die Europäische Union sieht, in der Frage, wie und wann die Ukraine diese Mengen einspeichern wird. Die Einspeicherungsperiode endet in der Ukraine Mitte Oktober. Noch müssen sechs bis sieben Milliarden Kubikmeter eingespeichert werden. Das sind sehr große Mengen. Wann soll die Ukraine diese Mengen einspeichern?

Frage: Yury Barsukov, die Zeitung Kommersant. Herr Miller, bitte erläutern Sie nochmals eben die Technik. Sollte die Ukraine anfangen, Transitgas abzuschöpfen, werden Sie die Lieferungen nach Europa durch das ukrainische Gastransportsystem um dieses Volumen reduzieren, wie es 2009 der Fall war? Oder werden Sie den Transport durch das ukrainische System um diese Mengen aufstocken, um die Lieferungen an europäische Kunden unverändert aufrechtzuerhalten?

Alexey Miller: Wissen Sie, ich wiederhole jetzt das, wovon die ukrainischen Kollegen gestern sprachen. Die ukrainischen Kollegen sprachen gestern davon, dass sie in dem Falle, wenn Vorauszahlungen eingeführt werden, den Transit zu 100 Prozent sicherstellen werden. Lassen Sie uns keine Mutmaßungen anstellen, lassen Sie uns schauen, ob sie den Transit zu 100 gewährlisten. Aber gestern wurde bei den Verhandlungen eben das verkündet, was ich Ihnen sagte.

Frage: Eine kleine technische Frage. Es gibt verdichtetes Gas, technologisches Gas, das sind geringfügige Mengen, doch Sie liefern es mit dem Transit mit. Wie wird diese Frage gelöst werden? Die Ukraine wird dieses Gas ja höchstwahrscheinlich nicht aus ihren Untergrundspeichern hervorholen, um den Bedarf der Verdichterstationen abzudecken. Werden Sie das also als nicht sanktionierte Entnahme erfassen? Werden Sie die Entnahme von Gas für die Verdichterstationen als nicht sanktioniert erfassen?

Alexey Miller: Nein, wir werden es nicht tun.

Frage: Bulgarischer Nationalrundfunk. Sie sagten eingangs, für Russland sei der South Stream sehr wichtig, um dieses Problem mit der Ukraine zu lösen, das seit vielen Jahren existiere. Und Sie sagten, der Bau laufe nach Plan und es gebe keine Probleme. Aber Bulgarien beschloss doch, das Projekt vorübergehend einzustellen, bis seine Übereinstimmung mit europäischen Gesetzen gewährleistet ist. Was ist das jetzt aus Ihrer Sicht, wo Sie sagten, es gebe keine Probleme? Wird das Projekt den europäischen Normen entsprechen, oder kann der Bau doch auch so fortgesetzt werden?

Alexey Miller: Wenn es um das dritte Energiepaket geht, so hindert das dritte Energiepaket uns nicht am Bauen. Der Bau der Pipeline steht in keinerlei Widerspruch zum dritten Energiepaket.

Frage: Und der darauffolgende Betrieb?

Alexey Miller: Lassen Sie uns zunächst den Bau vollenden. Termingerecht. Termingerecht vollenden.

Frage: Alexander Kapkov, Goworit Moskwa. Eine Frage an Herrn Novak. Gibt es überhaupt eine Variante separaten Dialogs zur Gasfrage mit dem südöstlichen Teil der Ukraine?

Alexander Novak: Ich glaube, diese Frage sollte in erster Linie an die ukrainische Seite gerichtet werden. Es gibt einen Vertrag zwischen Gazprom und Naftogaz of Ukraine. Es sind zwei Verträge. Ein Vertrag über Gaslieferungen und ein Vertrag über Gastransit. Ich will sagen, dass diese Verträge momentan durch die russische Seite in vollem Umfang eingehalten werden, wovon soeben der Vorstandsvorsitzende der Gazprom sprach. Nun zu den neuen Mengen, die nicht bezahlt sind, und die sich in der Zeit der Konsultationen, in den anderthalb Monaten, nur vergrößerten. In diesem Zusammenhang sprechen wir jetzt von Konsultationen im Rahmen der Erfüllung dieser zwei Verträge zwischen zwei Wirtschaftssubjekten.

Frage: Öffentliches Fernsehen Japans, Fernsehgesellschaft NHK. Meine Frage richtet sich eher an Herrn Miller. Sie sprachen heute viel vom destruktiven Vorgehen der ukrainischen Seite. Sie schilderten es recht ausführlich. Im Prinzip sieht die Situation nach einer Sackgasse aus. Sieht die russische Seite irgendeinen Ausweg aus dieser Sackgasse? Und doch will ich präzisieren: Wenn Sie von der Einführung des Vorkassen-Modus sprechen, die heute erfolgte, kann man da einfach sagen, dass es die Einstellung der Gaslieferungen in die Ukraine bedeutet? Wäre das richtig?

Alexey Miller: Nein. Es ist keine Einstellung der Gaslieferungen in die Ukraine. Es gibt keine Limitierung der Gaslieferungen. Und es wird sie auch nicht geben. Die Ukraine wird so viel Gas erhalten, wieviel sie kauft. Es werden nur bezahlte Mengen geliefert.

MODERATOR: Wir führen dieses Beispiel oft an – an einer Tankstelle springt doch niemand um sein Auto und schreit, das sei ein Lieferstopp, wenn das Geld, das er an der Kasse bezahlte, alle ist.

Alexey Miller: Die Ukraine soll die Schulden begleichen. Sie soll versuchen für Gas zu zahlen. Halt versuchen, das Gas zu bezahlen.

Alexander Novak: Kollegen, ich will zu diesem Thema etwas hinzufügen. Wir spürten im Verlaufe der Konsultationen, dass die ukrainische Seite immer der russischen Seite die Schuld dafür zuschieben wollte, dass eine Situation wie der Übergang zum Regime der Vorauszahlungen eintreten könnte. Das ist eine reale Verfälschung von Begriffen. Und in diesem Zusammenhang steht die Formulierung, die von Seiten einiger unserer Kollegen geprägt wird, die an den Verhandlungen beteiligt waren, und die in den Medien anklingt – die Eskalation der Situation. Also kann faktische Erfüllung eines gültigen Vertrags, wie es heute der Fall ist, von einzelnen Personen als Eskalation der Situation ausgelegt werden. Zugleich stellt es sich so dar, als wäre ausbleibende Bezahlung von Schulden für gelieferte Ware ein Kompromiss. Das ist in der Tat eine Verfälschung realer Begriffe. Wir reden heute von überaus rechtmäßigen Forderungen der russischen Seite, der Gazprom wegen der Bezahlung jener physisch gelieferten Ware, die Geld kostet.

Ich will sagen, dass die aktuelle Verschuldung von 4,5 Milliarden Dollar einem riesigen Investitionsvolumen entsprich, das die Gazprom heute ihrer eigenen Tätigkeit zur Nutzung funktionierender Vorkommen und zur Erschließung neuer Vorkommen entziehen muss. Dies ist eine sehr ernste Situation, sehr geehrte Kollegen. Die Erfüllung des laufenden Vertrags sollte nicht als Eskalation der Situation dargestellt werden. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Eine Eskalation der Situation ist es, wenn die andere Seite physisch geliefertes Gas nicht bezahlt. Gelieferte Ware nicht bezahlt. Nehmen Sie einen beliebigen anderen Wirtschaftszweig und beliebige andere Beziehungen zwischen Wirtschaftssubjekten – wo ist so etwas grundsätzlich möglich?

Wenn wir in unseren Beziehungen, darunter auch zu westlichen Partnern, diskutieren, ob eine solche Situation bei der Lieferung anderer Waren möglich sei, machen unsere Partner immer große Augen. Sie können immer noch nicht begreifen, weshalb, sagen wir, eine Situation zugelassen wird, da gelieferte Ware seit November nicht bezahlt wird. Ein halbes Jahr lang. Da würde es in einer anderen Situation als Minimum schon am nächsten Tag Debatten geben – Einstellung der Lieferungen und so weiter. Das, was heute mit der Einführung der Vorauszahlungen geschah, ist, wie wir sagen wollen, die Erfüllung des geltenden Vertrags.

Frage: Herr Miller, ich habe an Sie eine Frage wegen des South Streams. Sie sagten, die ungelöste Frage der Übereinstimmung mit den Normen des dritten Energiepakets hindere Sie nicht am Bauen, und heute sagten Sie, 2015 würden europäische Abnehmer Gas über die South Stream Pipeline beziehen. Heißt es, dass die Frage der Übereinstimmung mit den Normen zu jenem Zeitpunkt geregelt sein wird? Auf einer der jüngsten Pressekonferenzen sagten Vertreter von Gazprom, momentan wären alle Kräfte für Verhandlungen mit der Ukraine aufgeboten. Da Sie nun sagten, der Gegenstand des Gesprächs existiere nicht mehr, heißt es, dass Sie sich nun Verhandlungen mit der EU wegen des dritten Energiepakets zuwenden werden? Und kann die aktuelle Situation mit der Ukraine in irgendeiner Weise die Haltung der EU beeinflussen?

Alexey Miller: Wissen Sie, wir arbeiten in 51 Ländern. Was nun die Ukraine betrifft, was den Osten, die Asiatisch-Pazifische Region, was den South Stream betrifft – bei Gazprom gibt es stets eine Gruppe von Personen, die sich permanent, in allen Details damit befasst, die Verhandlungen führt. So ist es nicht, dass jemand mit etwas fertig ist und zu einem anderen Aufgabenkreis wechselt. Was die Termine angeht, so darf ich Sie darauf hinweisen, dass es sich um Dezember 2015 handelt. Dies ist der geplante Termin für den Start der Lieferungen durch den ersten Strang der South Stream Pipeline.

Frage: Alexander Fyodorov, Fernsehkanal RBK. Herr Miller, sagen Sie bitte, wenn die Ukraine, hypothetisch, ein weiteres halbes Jahr für Gas nicht zahlen sollte, dann haben Sie wieder gewissermaßen einen Fehlbetrag von 4,5 Milliarden. Hat Gazprom grundsätzlich die Risiken für den Fall kalkuliert, dass der ukrainische Markt kein russisches Gas erhält?

Alexey Miller: Was heißt es – zahlt weiterhin nicht? Im Moment erhalten sie kein Gas – die Schulden werden jetzt also nicht mehr wachsen. Sie beantworten die Frage selbst. Wir erzielen keinen Gewinn, das ist wahr. Wir haben keine Erlöse, wir erhalten weniger Geld für unser Investitionsprogramm, wir sind dann nicht in der Lage, unser Budget in diesem seinem Teil zu erfüllen. Das sind die Risiken für Gazprom, sehr ernste Risiken. Ich kann sagen, dass selbst für Gazprom 4,5 Milliarden Dollar eine sehr große Summe sind, das ist sehr viel Geld. Denken Sie sich hinein – 4,5 Milliarden Dollar!

Frage: Die Zeitung Nikkei, Japan. Soweit wir es richtig verstehen, wird die Ukraine, falls die Schulden nicht beglichen werden, nicht in der Lage sein, Gas in ihre Untergrundspeicher einzupumpen. Andererseits sagten Sie, es würde kaum gelingen, dies durch alternative Möglichkeiten voll zu kompensieren, falls es irgendwelche Entnahmen, irgendwelche ausfallenden Lieferungen geben sollte. Sehen wir es also richtig, dass bei fehlenden Zahlungen seitens der Ukraine für ihre Schulden Probleme mit Lieferungen nach Europa in der Herbst- und Winterperiode praktisch unvermeidlich scheinen. Dies ist die erste Frage. Und die zweite Frage ist, für wie lange reicht überhaupt die Menge, die jetzt in der Ukraine eingespeichert ist, die etwa 12 Milliarden Kubikmeter ausmacht? Und wofür?

Alexey Miller: Was nun die ukrainischen Transitrisiken angeht. Darauf wies die russische Seite schon vor langer Zeit hin. Eben die ukrainischen Transitrisiken waren die Ursache für den Bau einer Pipeline wie der Nord Stream und den Bau einer Pipeline wie der South Stream. Wenn wir von ukrainischen Transitrisiken in der laufenden Periode reden wollen, so gibt es diese Risiken, und zwar recht beachtliche. Was nun die 12 Milliarden Kubikmeter Gas anbetrifft, so begreifen Sie sehr wohl, dass sich die Situation zu Beginn der Ausspeicherungs-Periode von der Situation am Ende der Ausspeicherungs-Periode grundsätzlich unterscheidet. Je weiter vom Beginn der Ausspeicherungs-Periode, je weiter in die Herbst- und Winterperiode hinein, desto weniger Gas bleibt in den Untergrundspeichern übrig und desto geringer ist die Tagesentnahme aus den Speichern, denn entsprechend verringert sich das Volumen an Arbeitsgas im Untergrundspeicher, dementsprechend verringert sich die Ergiebigkeit der Sonden. Demnach werden sich die Probleme gegen Ende der Herbst- und Winterperiode zuspitzen. Wir wissen, wie kalt es im Februar sein kann, wir wissen, wie kalt es im März sein kann. Übrigens hatten einige EU-Länder erst vor kurzem, wie Sie wissen, Probleme mit dem Gas in Untergrundspeichern gerade während des kalten Monats März.

Wissen Sie, ich wäre sehr froh, sehr glücklich, wenn wir von der Ukraine irgendwelche Beträge, irgendeine Zahlung erhielten. Das wäre ohne Zweifel eine neue Situation sein, die eine neue Betrachtung des existierenden Problems verdienen würde. Aber, ich betone es, die Ukraine soll ihre Schulden begleichen. Die Summe der Verschuldung, die wir als fällig nennen, ist groß, doch das ist nicht die gesamte Verschuldung der ukrainischen Seite.

Ich möchte mich bei der Interfax-Agentur bedanken. Wissen Sie, im Verlaufe der Verhandlungen verfolgen wir natürlich im Echtzeitmodus die Situation – was passiert in der Welt, was passiert auf den Gasmärkten, welche Erklärungen werden von unseren Partnern abgegeben. Ich kann unter anderem sagen, dass die Interfax-Agentur uns Information über die Erklärung von Herrn Yatsenyuk während der dreiseitigen Verhandlungen in Brüssel übermittelte. Diese Erklärung brachte faktisch die dreiseitigen Verhandlungen zum Scheitern. Eine absolut destruktive Erklärung. Also leistet die Interfax auch ihren Arbeitsbeitrag, hilft uns und ist gewissermaßen auch an den Verhandlungen beteiligt. Wir sind der Interfax dafür sehr dankbar.

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